15. November 2010

Rechtsschutz – Voreilige Deckungszusage

Das Oberlandesgericht Celle hat mit Beschluss vom 5. Juli 2010 entschieden (Az.: 3 U 83/10), dass ein Rechtsschutzversicherer die Erstattung der Gerichts- und Anwaltskosten nicht mit der Begründung verweigern kann, dass der Anwalt wegen erkennbarer Aussichtslosigkeit von der Durchführung des Verfahrens hätte abraten müssen, wenn er in Kenntnis der erstinstanzlichen Entscheidung sowie der Rechtsmittelbegründung eine Deckungszusage für das Revisionsverfahren erteilt.

Ein rechtsschutzversicherter Mann war Miteigentümer einer Wohnungseigentumsanlage. Nachdem es unter den Eigentümern zum Streit über eine Jahresendabrechnung gekommen war, reichte der Versicherte Klage ein. Für dieses Verfahren gewährte ihm sein Rechtsschutzversicherer Versicherungsschutz.

Erstinstanzlich war die Klage erfolglos. Nach Rücksprache mit seinem Anwalt wollte der Versicherte daher Revision einreichen. Nachdem dem Rechtsschutz-Versicherer von dem Anwalt das erstinstanzliche Urteil sowie die Rechtsmittelbegründung für das beabsichtige Revisionsverfahren vorgelegt worden waren, erteilte er auch für dieses Verfahren eine Deckungszusage.

Der Versicherte erlitt auch in dem Rechtsmittelverfahren eine Niederlage. Der Rechtsschutzversicherer forderte daher von dem Anwalt des Versicherten die entstandenen Verfahrenskosten von über 6.000 Euro zurück. Nach seiner Auffassung hätte der Anwalt seinen Mandanten nämlich über die Aussichtslosigkeit einer Revision aufklären und von der Durchführung des Beschwerdeverfahrens abraten müssen.

Nachdem der Anwalt nicht zahlen wollte, landete der Streit vor Gericht, wo der Versicherer eine Niederlage erlitt. Der von dem Gericht als Zeuge gehörte Versicherte gab an, von seinem Anwalt durchaus über die nur geringen Erfolgsaussichten einer Revision aufgeklärt worden zu sein. Nachdem sein Rechtsschutz-Versicherer jedoch eine Deckungszusage erteilt habe, habe er sich für eine Durchführung des Verfahrens entschlossen. Wegen dieser Aussage steht für das Gericht fest, dass der Anwalt keine Pflichtverletzung begangen hat. Es liegt auch keine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers beziehungsweise seines Rechtsvertreters als dessen Repräsentant gegenüber dem Rechtsschutz-Versicherer vor. Dieser war vor seiner Deckungszusage umfassend über den Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens und die Begründung der beabsichtigten Revision informiert worden.

Deswegen wusste der Versicherer von den nur geringen Erfolgsaussichten der beabsichtigten Revision und hätte ablehnend entscheiden können. Davon hat der Rechtsschutz-Versicherer jedoch keinen Gebrauch gemacht, sondern stattdessen eine Deckungszusage erteilt. Damit wurde zu Gunsten des Versicherten als auch zu Gunsten von dessen Anwalt ein Vertrauenstatbestand geschaffen. Der Rechtsvertreter des Versicherten durfte zu Recht davon ausgehen, dass die entstehenden Gerichts- und Anwaltskosten im Rahmen der Leistungszusage des Versicherers übernommen werden.

Daher wurde die Klage des Versicherers als unbegründet zurückgewiesen.

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