9. November 2010

Krankenversicherung – Kostenübernahme für Implantat-Reinigung medizinisch erforderlich

Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 27. Mai 2010 entschieden (Az.: L 5 KR 39/09), dass eine Krankenkasse, die einem Versicherten z.B. nach einem Unfall die Kosten für die Versorgung mit Zahnimplantaten erstattet, auch dazu verpflichtet ist, die Kosten für eine notwendig werdende professionelle Reinigung der Implantate zu übernehmen. Damit wurde der Klage einer Versicherten stattgegeben, deren Krankenkasse die Kostenerstattung verweigert hatte.

Bei einem Verkehrsunfall im November 2001 hatte die Klägerin u.a. schwere Verletzungen im Gesicht erlitten. Ihre Krankenkasse gewährte ihr die Versorgung mit vier Zahnimplantaten im Ober- und Unterkiefer. Ein Jahr später wollte die Versicherte die Implantate professionell reinigen lassen.

Allerdings wollte die Krankenkasse die dadurch entstehenden Kosten in Höhe von über 500,- Euro nicht übernehmen. Denn selbst wenn eine derartige Zahnreinigung medizinisch notwendig sein sollte, was die Kasse unter Hinweis auf ein Gutachten des medizinischen Dienstes bestritt, fehle es an einer entsprechenden Anspruchsgrundlage. Aufgrund des Gedankens der Eigenvorsorge sei der Gesetzgeber nämlich dazu berechtigt, bestimmte Behandlungsmethoden aus dem Aufgabenbereich der Krankenkassen herauszunehmen. Nach Meinung der Krankenkasse zählt zu diesen nicht erstattungsfähigen Leistungen auch eine professionelle Zahnreinigung.

Das von der Klägerin angerufene Sozialgericht und das von der Krankenkasse in Berufung bemühte Landessozialgericht wollten dem nicht folgen. Ein von den Gerichten beauftragter Spezialist für Implantologie war zu dem Ergebnis gekommen, dass eine professionelle Reinigung der Implantate selbst bei optimaler Zahnpflege durch die Klägerin medizinisch erforderlich ist, da bei nicht regelmäßiger Reinigung der Implantate Mikroorganismen Entzündungen hervorrufen können, die zu Knochen- und Zahnfleischrückgang und dadurch zum Verlust der Implantate führen können. Eine mögliche Folge einer nicht professionell durchgeführten Reinigung ist ein größerer Kieferdefekt, der eine Neuimplantation sehr viel komplizierter oder gar unmöglich machen würde. Eine Entzündung wegen nicht entfernter Zahnbeläge kann sich außerdem nachteilig auf den gesamten Organismus auswirken, so der Sachverständige.

Diese Ausführungen überzeugten die Richter. Sie gaben daher der Klage gegen die Krankenkasse in vollem Umfang statt. Das Entfernen von Zahnbelägen ist zwar nicht in den Behandlungsrichtlinien der Krankenkassen erfasst. Dieses beruht nach Ansicht des Gerichts aber darauf, dass dazu ein Zahnarzt normalerweise nicht tätig werden muss. Denn ein Patient kann die Entfernung von Belägen in der Regel selbst durch Zahnreinigung sicherstellen. Im Fall der Klägerin ist es jedoch erforderlich, die aufgeschraubten Zähne zu entfernen, um danach die eigentlichen Implantate reinigen zu können. Ein solcher Eingriff kann jedoch nur durch einen Zahnarzt durchgeführt werden.

Da die professionelle Reinigung nach Überzeugung des Gerichts absolut notwendig ist, müssen die dadurch entstehenden Kosten von der Krankenkasse der Klägerin übernommen werden.

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